Projekt „Zurück zur Normalität – was bleibt von der Pandemie?“

Ein Foto-Projekt im Rahmen eines Arbeitsstipendiums der Hessischen Kulturstiftung.

 

Frankfurt am Main, Januar 2022

Was ist eigentlich „normal“? Kann es ein „normal“ eigentlich noch geben? Für wen gilt welches „normal“? Diesen und ähnlichen Fragen gehe ich in meinem Foto-Projekt nach.

Die Pandemie ist nicht zu Ende, die Zahlen steigen, ein „Zurück zur Normalität“ ist nicht absehbar. Doch welche Folgen lassen sich jetzt schon sehen, welche sind teils noch verborgen? Was ist Fassade? Was ereignet sich hinter den Kulissen?

Zum Beispiel:

Bei Kindern und Jugendlichen haben Computerspiel- und Social-Media-Sucht während der Corona-Krise zugenommen. Dies geht aus einer Untersuchung des Deutschen Zentrums für Suchtfragen des Kinder- und Jugendalters (DZSKJ) im Auftrag der Krankenkasse DAK hervor. Demnach liegt bei mehr als 4 Prozent der 10- bis 17-Jährigen in Deutschland ein sogenanntes pathologisches Nutzungsverhalten vorliegt.“
Zeit-blog vom 4. November 2021

oder

40 Prozent mehr Psychotherapie-Anfragen seit Corona“
Meldung in der ZEIT vom 1. Mai 2021

oder

Einen Höchstwert an Krankschreibungen aufgrund psychischer Probleme stellte die Krankenkasse DAK im Jahre 2020 fest.“
Meldung in der ZEIT vom 20. Februar 2021

oder

Die wirtschaftliche Entwicklung. Pandemien sind mit Wirtschaftskrisen verbunden und Wirtschaftskrisen gehen regelhaft mit psychischen Störungen bei der Bevölkerung einher. Bis hin zu einer erhöhten Suizidrate.“
FR-Interview mit Steffi Riedel-Heller
https://www.fr.de/politik/corona-und-die-seele-menschen-werden-narben-davontragen-90193754.html

 

Wer hat überhaupt das Privileg, die „Normalität“ einzufordern?

Wer darf erwarten, dass sich andere bitteschön wieder so verhalten wie früher …

Geht doch jetzt wieder.“„Sind doch alle geimpft!“

Da kann man ja selbstverständlich wieder einen Kaffee trinken gehen …
… eine Party feiern, nach Mallorca fliegen …

oder motiviert ein neues Projekt starten … durchstarten..

fröhlich die nächste Ausstellung organisieren …

Not macht erfinderisch und so wahnsinnig kreativ …

 

Die irritierten Blicke, wenn man sagt, dass das leider nicht so einfach ist

weil

das nötige Geld fehlt.

nach so viel Frust und Enttäuschung, Schmerz und Wut die Motivation fehlt.

viele Leute immer noch Angst haben vor dem Virus.

manche Leute noch immer oder auch schon wieder Menschenmassen meiden.

es eben doch noch kein „Normal“ gibt.

 

Was ist mit jenen, die von der Pandemie besonders betroffen sind?

Können sie nach dieser langen Zeit der Pandemie wieder einfach „funktionieren“?
Was haben diese Menschen für Möglichkeiten?

Vermehrt lassen sich leerstehende Schaufenster sehen … pleite gemacht … aufgegeben … zu, Ende, aus. Und neue Wellen der Pandemie werden weitere Menschen zur Aufgabe zwingen. Doch was steht hinter diesen geschlossenen Türen und leeren Räumlichkeiten? Was geschieht mit den Menschen?

Diese Pandemie befindet sich noch immer in Gange, vieles verändert sich, je nach Zeitpunkt der Verfassung dieses Textes. Mal gehen die Inzidenzen nach oben, und die Impfzahlen stagnieren, dann ist alles wieder rückläufig. Viele Folgen werden erst nach und nach zum Vorschein kommen.

 

Diese Arbeit ist eine individuelle Wahrnehmung, sie befindet sich im Prozess.

Ich nehme erste nachhaltige Veränderungen wahr. Verschwommen. Irritierend. Diffus. Unklar und ungewiss. Fassaden. Geschlossene Geschäfte, verwahrloste Schaufenster, abgebröckelter Putz … Ein nächster Schritt könnte sein, einen Blick hinter die Fassaden zu wagen.

Mit meinem Foto-Projekt will ich diesen diffusen Zwischenzustand einfangen: